Hörbuch Lieblinge in 2019 - 2018 - Buchhandlung und Verlag Bornhofen in Gernsheim am Rhein

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unsere Hörbuch Lieblinge in 2019:
20 Jahre und erfrischend wie von Anfang an

Ein Blaubär, wie ihn keiner kennt, entführt die Leser*innen in eine Welt, in der die Phantasie und der Humor außer Kontrolle geraten sind: den Kontinent Zamonien, wo Intelligenz eine übertragbare Krankheit ist und die Sandstürme viereckig sind, wo hinter jeder Idylle eine tödliche Gefahr lauert und all jene Wesen hausen, die aus unserem normalen Leben verbannt sind. In dreizehneinhalb Lebensabschnitten kämpft sich der blaue Bär durch ein märchenhaftes Reich, in dem alles möglich ist – nur nicht die Langeweile. (Ich merke gerade: Beim Hörbuch übernehme ich tatsächlich ab und an den Klappentext – hier auch.)

Dieses Hörbuch ist ein besonderer Genuss: Zum einen, weil Dirk Bach und Wolfgang Völz bei der Ersteinlesung wunderbare Arbeit geleistet haben (heute lesen sie sich wahrscheinlich an einem besseren Ort gegenseitig vor – hier bei uns fehlen sie) und die Musik dem Ganzen noch eine besondere Note gibt. Und zum anderen, weil in dieser Sonderausgabe auch noch das Zamonienlexikon, von A wie Inazea Anazazi bis Z wie Zoltep Zaan, zu hören ist. Und Andreas Fröhlich sowie Cathlen Gawlich sind stimmlich und was das Können betrifft eine sehr gute Ergänzung zum Duo Bach/Völz. Dieses Hörbuch ist ein großer Genuss: Auch für Menschen, die ihren Blaubär von vorne bis hinten kennen.

Walter Moers / Anja Dollinger: „Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär (Sonderedition mit Zamonienlexikon“, 3 mp3-CDs, DerHörVerlag, ISBN 978-3-8445-3004-5, € 30,00

Zukunftsmusik

Paxton und Zinnia lernen sich bei Cloud kennen, dem weltgrößten Onlinestore. Paxton hat dort eine Anstellung als Security-Mann gefunden, nachdem sein Unternehmen ausgerechnet von Cloud zerstört wurde. Zinnia arbeitet in den Lagerhallen und sammelt Waren für den Versand ein. Das Leben im Cloud-System ist perfekt geregelt, aber unter der Oberfläche brodelt es. Die beiden kommen sich näher, obwohl sie ganz unterschiedliche Ziele verfolgen. Bis eine schreckliche Entdeckung alles ändert …

„The Store“ ist eine spannende, dystopische Geschichte, dabei immer erstaunlich nah an der Realität. Ralf Schwob findet den Vergleich mit Dave Eggers „Circle“ ziemlich passend, er hat es in einem Schwung gelesen und war bestens unterhalten und gleichzeitig ziemlich erschrocken über die möglichen Aussichten. Wobei die Techniker unter den Lesern vielleicht mit den Begriffen ihre Schwierigkeiten haben könnten, die entsprechen recht häufig nicht dem allgemeinen Gebrauch – beim einen oder der anderen könnte das den Hör- (oder Lese-)Genuss stören. Das Hörbuch liegt übrigens in einer gekürzten Hörspielfassung vor, mit verschiedenen Sprecher*innen. Die machen ihre Arbeit aber (erwartungsgemäß) herausragend!

Rob Hart: „Der Store“, RandomHouseAudio, 978-3-8371-4727-8, € 22,00

Eherettung

Achtsamkeitstraining. Björn Diemel, Rechtsanwalt in einer großen Kanzlei, kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie ein Achtsamkeitstraining seine Ehe retten soll. Aber – wenn er nicht hingeht, dann ist die Ehe gleich vorbei und Frau und Tochter weg. Also steht er, abends um acht Uhr, nein, eigentlich die üblichen 20 Minuten später, auf der Matte. Entgegen seiner Erwartung hilft das Training ihm tatsächlich: Im Umgang mit Frau und Kind, aber auch im Umgang mit seinem Mandanten, einem brutalen Großkriminellen. Mit Frau und Kind geht er achtsamer und fürsorglicher um. Den Mandanten bringt er achtsam und fürsorglich um, nachdem dieser ihn massiv bedroht hat …

„Achtsam Morden“ ist der witzigste, interessanteste Krimi des Jahres 2019! Nicht nur, weil wir Leser*innen tatsächlich selbst eine Art Achtsamkeitstraining durchlaufen, sondern auch, weil der Autor Karsten Dusse immer neue vertrackte Drehungen einbaut und dabei alles trotzdem schlüssig und nachvollziehbar bleibt. Und Matthias Matschke, der dieses Buch als Hörbuch eingelesen hat, dessen Kunst ist tatsächlich „mörderisch entspannt“, so wie der Klappentext es verheißt.

Karsten Dusse: „Achtsam Morden“, RandomHouseAudio, 978-3-8371-4693-6, € 16,99

Notwendig

Judith Kerr war noch keine 10 Jahre alt, als sie mit der Familie fliehen musste: Ihr Vater, der große Kritiker Alfred Kerr, war den Nazis ein Dorn im Auge – und die Familie sowieso jüdischen Ursprungs. Ein Bleiben im Deutschland des Jahres 1933 hätte massive Repressalien und Gewalt bedeutet. Alfred Kerr war weitsichtig genug, nicht nur in die Schweiz zu übersiedeln, sondern im Jahr 1935 nach England.

Das ist der Hintergrund für die großartige, lesenswerte und wichtige Trilogie „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl / Warten, bis der Frieden kommt / Eine Art Familientreffen“, in der Judith Kerr mit der Stimme der jugendlichen Anna von der Flucht aus Deutschland und dem Leben in der Fremde erzählt. Gerade dieser Blickwinkel macht das Buch aus: Einerseits wird nichts beschönigt, andererseits kann Anna die Gefahr und das Ausmaß des Schreckens noch gar nicht erfassen – so wie Jugendliche das eben auch nicht erfassen können. Aus gutem Grund ist zumindest der erste Band schon seit Jahrzehnten Schullektüre.

Hier sei allerdings auf die Hörbuchfassung verwiesen: Die Sprecherin Sascha Icks hat die richtige Mischung aus ängstlich und hoffnungsvoll in der Stimme um diesem Text, falls das überhaupt geht, noch mehr Nachdruck als das Buch zu verleihen …

Judith Kerr: „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“, 3 CDs, Verlag Silberfisch, 978-3-8674-2653-4,  € 20,00

"Also, reden wir!"

Hasnain Kazim ist Journalist. Sein erster Beitrag in einer überregionalen Tageszeitung wurde Anfang der 90er Jahre veröffentlicht, er war gerade 17 Jahre alt. Die sieben Briefe, die er daraufhin erhielt waren anonym, ein Teil war nur mit "Kazim, 2161 Hollern-Twielenfleth" adressiert, aber es gab ja nur eine Familie Kazim, sie kamen also an. Der unverhohlene Hass hat ihn sehr erschüttert. Und trotzdem hat er kurze Zeit später, als es verstärkt zu Gewalt gegenüber Menschen mit fremdländischem Aussehen kam, weiterhin Beiträge für Zeitungen geschrieben - die anonymen Hassbriefe nahmen zu. Mittlerweile ist Kazim als Journalist tätig und muss oft über Themen wie Islamismus, Nationalismus, Patriotismus schreiben. Und leider ist es in der Zwischenzeit sehr viel einfacher geworden, ihn dafür mit Hass zu übergießen, Mails und Soziale Medien sind schnell und aufwandslos genutzt. Irgendwann ist Kazim dazu übergegangen, völlig überspitzt zu antworten. Satire, die nicht immer verstanden wurde (aber tatsächlich manchmal zu einem gewinnbringenden Dialog führte).

Die Sprecher des Hörbuchs - Cathlen Gawlich, Bjarne Mädel, Bernd Schütz und Hasnain Kazim selbst - machen aus den schriftlichen Stellungnahmen tatsächlich eine Art Gespräch. Das ist spannend, interessant und sehr oft sehr bestürzend. Die Angriffe und Beschimpfungen gepaart mit geballtem Unwissen pariert Kazim aber gerade  nicht nur mit Ironie: Er setzt Wissen dagegen. Absolut hörenswert.

Hasnain Kazim: "Post von Karlheinz", derHörverlag, 978-3-8445-3216-6, € 12,99

Ein Teil des Kanons

Als Heinrich Heine nach Göttingen kam, hatte er bereits in einem Frankfurter Bankhaus volontiert und eine kaufmännische Ausbildung beim Onkel in Hamburg gemacht, außerdem ohne Erfolg ein Tuchgeschäft geführt. Nur mit Mühe konnte er seine Familie überzeugen, dass ein Studium für ihn passender sei als Finanzwelt und Handel, allerdings besuchte er die Rechts- und Kameralwissenschafts-Vorlesungen in Bonn nicht mit der nötigen Gewissenhaftigkeit und wechselte kurze Zeit später nach Göttingen an die Universität. Das alles wäre nur bedingt bemerkenswert, wenn er tatsächlich Anwalt geworden wäre. Dass dem nicht so ist, dass Heine vielmehr zu einem der größten deutschen Dichter und gleichzeitig scharfem Beobachter und Kritiker Deutschlands wurde, das ist hinlänglich bekannt und vor allem eine große Freude. Die Göttinger Zeit hat ihn lange beschäftigt, vor allem, weil er Universität und Menschen als reaktionär empfand.

Seine „Harzreise“, die auf diese Göttinger Zeit anspielt, ist eine großartige Mischung aus Landschaftsbeschreibungen und erlebten (oder erfundenen) Begebenheiten, gut gewürzt mit ironischen Bemerkungen und übertriebenen Betrachtungen. Und die Lesung mit Horst H. Vollmer ist eine einzige Freude!

Heinrich Heine: „Die Harzreise“, der Audio Verlag, 978-3-7424-0922-5, € 10,00
Hochkarätig

Sie kennen sich ziemlich gut, alle fünf.

Paula und Judith verbindet eine Freundschaft seit Kindheitstagen, auch wenn sie völlig unterschiedliche Kindheiten hatten. Die eine inmitten der Familie, die andere in der frühsten Kindheit in staatlicher Obhut, Wochenkrippe genannt. Die eine mit Familien- und Nestbautrieb, die andere mit einem großen Herz für ihr Pferd. Brida hingegen hat Judith erst später kennengelernt, als ihr Götz nicht mehr der perfekte Mann und Familienvater war. Und Malika kennt Familienglück erst durch ihre Schwester Jorinde, denn Götz hatte sich zu Brida gewandt anstatt sie zu heiraten. Jede der fünf hat ein bewegtes Leben, mit einschneidenden, schmerzhaften Erlebnissen - und doch sind sie keine Opfer, keine der fünf.

Daniela Kriens beeindruckender Roman „Die Liebe im Ernstfall“ ist gerade als Buch erschienen und es ist ein großes Plus des fabelhaften Diogenes-Verlages, dass das Hörbuch stets gleichzeitig erscheint. Ein noch größeres Plus sind allerdings die Sprecherinnen, allen voran Bibiana Beglau und Nina Kunzendorf, die den fünf Frauen ihre Stimme leihen!

Daniela Krien: „Die Liebe ein Ernstfall. 6 CDs“, Diogenes Verlag, € 24,00

Die ganze Welt

Jan Weilers „Das Pubertier“ und die beiden Folgebände waren Bestseller. Sie waren es, weil es dem Autor gelingt, die für die ganze Familie schwierige Zeit der Pubertät in lustige Anekdoten zu verwandeln. Anekdoten, in denen sich (fast) jede Familie mit Teenagern wiedererkennt. Oder, um den Klappentext zu zitieren: „Sind Teenager im Haus? Genug vom Diskutieren, Lamentieren, Argumentieren, Boykottieren? Lassen Sie sich gesagt sein: Sie sind nicht allein mit der Verwandlung Ihrer süßen, niedlichen Kinder zu muffeligen, maulfaulen, hysterischen Pubertieren.“

Jan Weiler ist außerdem ein begnadeter Vorleser – und das macht die vorliegende „große Box“ der Pubertiere so besonders: Er liest seine Texte mit der ihm eigenen Nonchalance und Entspanntheit, es ist einfach ein großes Vergnügen, ihm zuzuhören. Selbst, wenn die Gesamtfamilie die genannten Hürden bereits umgangen hat …

Jan Weiler liest: „Die ganze Welt der Pubertiere – alle drei Titel in einer Box“, der Hörverlag, 978-3-8445-3188-6, € 18,00

Geburtstagsbox

Igraine Ohnefurcht ist nicht nur die Tochter eines Ritters, ihre Eltern sind auch Zauberer. Und manchmal ein bisschen dusselig. Jedenfalls ist es die kluge, mutige Igraine, die sich feindlichen Rittern gegenübersieht und die Familienburg verteidigen muss – und danach gelingt es hoffentlich auch, aus den beiden Schweinchen wieder Eltern zu machen …
Mississippi ist alt und klapprig – aber für Emma die Erfüllung eines Traums: ein eigenes Pferd! Auch wenn der Anlass eigentlich traurig ist, denn Mississippis Eigentümer ist verstorben und sein Erbe will ihn einfach nur loswerden. Bis er ein paar Tage später alles daran setzt, das Pferd wieder zurückzubekommen. Das kann gar nicht mit rechten Dingen zugehen!

Jon versteht sich mit dem „Bartträger“ überhaupt nicht. Und das ist tragisch, denn dieser ist nun mal der neue Mann von Jons Mutter. So schickt sie ihn auf das Internat Salisbury, auf dem schon Jons Vater als Kind untergebracht war – und da erlebt Jon ein Geisterabenteuer, das nicht nur gruselig und gefährlich ist, sondern ihm auch zeigt, wer es gut mit ihm meint.

Drei Bücher von Cornelia Funke als Hörspiele aufgenommen und auf 6 CDs gepresst: Der Verlag Oetinger Audio versorgt uns Hörer mit einer sehr schönen Überraschung zu Funkes 60. Geburtstag!
„Die große Cornelia Funke Hörspielbox“, Oetinger Audio, € 20,00, 978-3-8373-1079-5

unsere Hörbuch Lieblinge in 2018:
Zur Einstimmung …

Die Kriminalromane von Fred Vargas sind sehr besonders – sie versteht es, eine außergewöhnliche Stimmung aufkommen zu lassen, irgendwie eine Mischung aus Menschenfreundlichkeit und Skrupellosigkeit, Spannung und Humor. Dass sie weitestgehend in Paris spielen, macht sie dann noch einmal interessanter. Erstaunlich ist auch ihre Hauptperson, Kommissar Jean-Baptist Adamsberg, der vermutlich mehr als die üblichen Sinne hat, jedenfalls scheint er Gefahr voraussehen zu können. So ist es auch in seinem ersten Fall im 5. Arrondissement. Wo alle sich nur wundern und sogar Späße machen über die Kreidekreise, in denen ein scheinbar x-beliebiges Fundstück deponiert ist, sieht er das als Vorspiel zu weit Schlimmerem. Und tatsächlich beherbergt ein Kreis ein paar Tage später eine Tote …

Gerade ist ein neuer Roman von Fred Vargas erschienen. Und für alle, die sie und Adamsberg noch nicht kennen, ist dieses Hörbuch (gelesen von der fantastischen Hannelore Hoger) die beste Einstimmung, die es geben kann. (Für alle, die schon in die Kriminalromane verliebt sind, ist es eine zutiefst willkommene Wiederbegegnung!)

Fred Vargas: „Es geht noch ein Zug von der Gare du Nord“, Random House Audio, 978-3-8371-0087-7, € 9,95

Freundschaft, ein Leben lang?

Das haben die vier sich vorgestellt: bis ins hohe Alter Freundinnen zu sein. Und mit fünfzig Jahren eine kleine, gemeinsame Bestandsaufnahme zu machen – dann wollen sie die Notizen lesen, die sie übereinander geschrieben haben und bestenfalls wollen sie laut darüber lachen. Doch dann kommt alles ganz anders, irgendwie macht das Leben Kapriolen, die das Miteinander unentspannt und irgendwann auch unmöglich machen. Wäre da nicht Marie, die immer schon die Seele des Quartetts war und wären da nicht die Fotografien aus ihrer Jugend (meist ohne Marie, denn deren Auge guckte durch die Linse), dann hätten sie sich auch nicht wieder getroffen. Doch den letzten Wunsch von Marie, ihr Vermächtnis, den können sie nicht abschlagen und so treffen sich „Drei Frauen am See“ … Aber wird wirklich alles wieder gut?

Anneke Kim Sarnau hat die genau passende, leicht unterkühlte Stimme für diese Geschichte. Eine nicht so ganz typische Dora-Heldt-Geschichte (sie ist eher für kurz und lustig bekannt), sondern ein farbenprächtiger, dicker Schmöker, der richtig gut unterhält und einigen Tiefgang hat. Und so ist das Hörbuch ein einziger Hörgenuss!

Dora Heldt: „Drei Frauen am See“, GoyaLit, 978-3-8337-3901-9, € 25,00, PB € 16,90

Nachvollziehbar

Die Vermittlung von tatsächlichen Geschichtsdaten ist immer ein wenig schwierig, besonders wenn Kinder angesprochen werden und sie die Informationen am besten auch abspeichern sollen. Einfacher wird das, wenn Geschichtsdaten nicht nur mit Personen verknüpft werden, sondern mit richtigen Erzählungen – denn mit guten Erzählungen erreicht man Herz und Verstand. „Weltgeschichte in Geschichten“ ist ein gelungenes Beispiel für diese Form der Wissensvermittlung: In den 17 unterschiedlichen Episoden geht es vor allem um die Erlebnisse der Menschen in ihrer Zeit und die Autoren der Episoden sind gerade keine Wissenschaftler, sondern vor allem wirklich gute Erzähler. Tanja Kinkel entwirft ein Bild vom Leben im Mittelalter, Rainer M. Schröder erzählt von der Abschaffung der Sklaverei, Arnulf Zitelmann lässt elektrisches Licht erstrahlen – und auch die anderen 14 Autoren verstehen ihr Handwerk. Sein Handwerk versteht im Übrigen auch Christian Baumann, der die CDs eingelesen hat. Dieses lehrreiche Hörbuch mit über 7 Stunden Wissensvermittlung passt schon für Kinder ab 10 Jahren.

„Weltgeschichte in Geschichten“, Arena Audio, 978-3-8680-4078-4, € 19,90,  TB € 9,99

Männer am Rande des Nervenzusammenbruchs

Förster, Fränge und Brocki sind Freunde seit der Grundschule, nun gehen sie auf die 50 und hadern alle auf unterschiedliche Weise mit ihrem Leben. Förster ist ein Schriftsteller, dem nichts mehr einfällt, Fränge ein ehemüder Gastronom und Brocki ein gefrusteter Lehrer. Als die über 80-jährige Nachbarin Försters eine Einladung zur Reunion ihrer alten Tanzkapelle erhält, beschließen die Kumpels, sie mit Fränges altem VW-Bulli an die Ostsee zu fahren, wo die "Tanzkapelle Schmitt" der alten Damen ihren letzten Auftritt haben soll. Zur illustren Reisegruppe gesellen sich noch der alte Polizist Dreffke sowie ein wohlstandsverwahrloster Jugendlicher, und dann gibt es da außerdem einen Hamster namens Edward Cullen ...

Frank Goosen entwickelt aus dem Zusammenspiel seiner liebenswert skurrilen Figuren großartige Dialoge und viel Situationskomik. Dass dabei im Hintergrund auch ernste Themen anklingen, stört überhaupt nicht, weil alles sehr schön aufeinander abgestimmt ist. Das Hörbuch wurde vom Autor selbst eingelesen, denn Frank Goosen kann nicht nur schreiben, sondern versteht es auch, den Figuren seines Romans eine einprägsame Stimme zu verleihen.       

Frank Goosen: "Förster, mein Förster", Roof-Music, Tacheles. ISBN 978-3-8648-4490-4. € 12,99

Ein Geheimtipp?

Wahrscheinlich eher nicht: Die Reihe um Peter Grant, Police Constable und Zauberlehrling, umfasst schon sechs Titel und Ende Mai ist der siebte erschienen. Aber vielleicht gibt es ja noch den ein oder anderen, der diese Fantasy-Krimi-Reihe noch nicht kennt? Dann könnte derjenige ja mit dem genial von Dietmar Wunder eingelesenen Hörbuch anfangen …

Morgens um sechs an einem kalten Januardienstag, ohne die erste Tasse Kaffee, da ist eine Mordermittlung noch ein wenig grauseliger – erst recht wenn die erste Person, die man vernehmen möchte, sich als Geist entpuppt. Police Constable Peter Grant glaubt der Person erst einmal kein Wort, muss aber feststellen, dass er nur mit Hilfe von Londons Geistern (und davon gibt es sehr viel mehr, als man denkt!) dem Mörder auf die Spur kommt. Nicht weniger verblüffend als die Erscheinungen ist übrigens sein neuer Chef, der ist nämlich der letzte Zauberer Englands! Schon bald muss sich Grant mit einem Nest von Vampiren in Purley rumschlagen, einen Waffenstillstand zwischen Themsegott und Themsegöttin aushandeln und Leichen in Covent Garden ausgraben: Das Leben wird richtig anstrengend!

Ben Aaronovitch: „Die Flüsse von London“, Goyalit, 978-3-8337-3001-6, € 12,00

Die Quellen sprechen
 

Dieses Projekt versucht eine systematische Darstellung der Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch die Nazis und ihre Schergen. Es begann im Jahr 2011 und fügt eine Vielzahl an Urtexten zusammen, Zeitungsberichte, Tagebuchauszüge, Gesetzestexte und vieles andere, allesamt vorgelesen ohne große Emotionen, was das Grauen nicht mindert. Der hier vorliegende erste Teil umfasst den Zeitraum 1933 bis Juli 1941, gelesen hauptsächlich von Bibiana Beglau und Matthias Brandt. Außerdem beinhaltet die Kassette Zeitzeugenberichte, jeweils als Gespräch aufgezeichnet – diese Berichte sind alles andere als emotionslos, hier beeindruckt vielmehr die Präzision, mit der sich Max Mannheimer, Ernst Grube, Ruth Klüger, Anita Lasker-Wallfisch und viele andere Überlebende der Konzentrationslager an das Entsetzliche erinnern.

 
Wichtig ist das Erinnern in jeder Form. Gerade zu Zeiten, in denen rechte Kräfte – auch in den „normalen“ demokratischen Parteien – wieder aktiv und fast gesellschaftsfähig sind. Wir dürfen nicht vergessen was damals geschah – und wir müssen mit allen uns zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen und gesellschaftspolitischen Mitteln einem weiteren Rechtsruck entgegenstehen.
 

„Die Quellen sprechen. Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland“, der Hörverlag, 978-3-8445-1830-6, € 79,99

Mit Witz und Können

Kindersand
Das Schönste für Kinder ist Sand - Ihn gibt's immer reichlich -
er rinnt unvergleichlich - zärtlich durch die Hand.
Weil man seine Nase behält - wenn man auf ihn fällt - ist er so weich –
Kinderfinger fühlen - wenn sie in ihm wühlen - nichts und das Himmelreich.

Dass Joachim Ringelnatz ein Könner seines Faches war, seine Gedichte (oft über Alltägliches …) witzig und hintergründig sind, das ist ja bekannt. Diese Gedichte anzuhören, das ist noch einmal eine zusätzliche Freude. Besonders, wenn die Vorleser so begabt, geübt und beliebt sind wie Hannelore Elsner, Sissi Perlinger, Otto Sander und Walter Sittler …  


„Ein Schmatz vom Ringelnatz“, 978-3-451-31990-7, Herder Verlag, € 5,00

Die Geburtsstunde der Science Fiction

Als dem Journalisten H. G. Wells im Jahr 1895 keine Aufträge von Zeitungen und Zeitschriften vorlagen, nutzte er die Zeit für ein Kabinettstückchen, dessen Grundidee schon lange in seinem Kopf herumspukte: Wie wäre es, wenn wir in der Lage wären, die vierte Dimension zu durchqueren und in der Zeit voran- und zurückzuspringen? Ein paar Jahre später hätte er diese Idee sprachlich sicherlich anders umgesetzt, er schrieb immer von einem „Jugendwerk“. Aber aus heutiger Sicht ein zutiefst erstaunliches Jugendwerk! Wells, der keineswegs auf Abenteuerromane festgelegt war, sondern auch realistisch-wissenschaftliche Texte verfasste, gilt durch „Die Zeitmaschine“ und „Krieg der Welten“ als einer der Gründerväter der Science Fiction.

Götz Otto liest die Geschichte des namenlosen Erfinders, der in das Jahr 802.701 reist, dort den Eloi und Morlocks begegnet und deren unheilvolle Beziehung zueinander entdeckt, mit ruhiger Gelassenheit. Und wir Hörer staunen über einen Roman, der von dem Vergehen der Zeit handelt und dabei ziemlich aus der Zeit gefallen ist.

H. G. Wells: „Die Zeitmaschine“, Hörbuch Hamburg, € 14,00

Eindeutig doppelbegabt

Der Schauspieler Tom Hanks ist für viele Rollen berühmt – ob er Forrest Gump war, der uns mit naiver Zuverlässigkeit anrührte, der schlaflose, alleinerziehende Vater Sam Baldwin in Seattle oder Dr. Henry Goose, Hotelbesitzer in ‚Der Wolkenatlas‘, immer hat er mit seinem Spiel und seiner Präsenz überzeugt. Darum konnte ich mir auch nur schwer vorstellen, dass der Autor von „Schräge Typen“ eben dieser Tom Hanks ist, soviel Talent war mir erst einmal suspekt.

Aber er ist es. Und dieses Buch ist eine Sammlung von ausgesprochen kurzweiligen Geschichten, manchmal mit sehr ungewöhnlichem Dreh, manchmal einfach mit schönen Momenten des Alltagsglücks. Immer mit einem freundlichen Blick auf die „schrägen Typen“, immer stilistisch gelungen. Und als Hörbuch eine einzige Freude: Andreas Fröhlich, Stefan Kaminski, Walter Kreye, Eva Grosciejewicz und die anderen Sprecher sind einfach Könner!

Tom Hanks: „Schräge Typen“, Verlag Hörbuch Hamburg, ISBN 978-3-86952-372-9 Hörbuch € 22,00, HC € 22,00, eBook € 16,99
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Professor Bur-Malottkes Vortrag über das Wesen der Kunst, in der Vorwoche noch genau so, wie der Professor ihn gerne haben wollte, soll nun geändert werden: Bur-Malottke findet, dass das Wort "Gott" die Radiohörer zu sehr beeinflussen könnte - darum möchte er es durch "jenes höhere Wesen, das wir verehren" ersetzt wissen. Und so muss der Rundfunkredakteur Dr. Murke genau dies an 27 Stellen und in sämtlichen Beugungen der deutschen Sprache tun. Bereits vorher hatte Dr. Murke ein gespanntes Verhältnis zum Professor, nun beginnt er ihn regelrecht zu hassen. Er rächt sich mit kleinen Seitenhieben. Und er findet einen Ausgleich im "gesammelten Schweigen" ...
Heinrich Bölls Text ist Satire vom Feinsten: Er nimmt höchst unterhaltsam den Kulturbetrieb aufs Korn (diesen kennt er, da er jahrelang selbst Texte fürs Radio verfasst hat, sehr gut) und verweist gleichzeitig auf nicht aufgelöste Verbindungen ins Dritte Reich, Verbindungen, die auch einen veränderten Sprachgebrauch mit sich ziehen. Die hier vorliegende Hörspielfassung aus dem Jahr 1986, mit Henning Venske, Axel Corti und vielen anderen, wird diesem genialen und kurzen Text aufs Feinste gerecht.

Heinrich Böll: „Dr. Murkes gesammeltes Schweigen", derHörverlag, ISBN 978-3-8445-2650-9, € 14,99

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